Dom Cobb (Leonardo DiCaprio) dringt in einer Cyber-Welt in die Träume anderer ein, um dort im Unterbewusstsein gezielt Informationen zu klauen. Dafür braucht es einen Architekten, der den Traum baut und ein Subjekt, das es mit Projektionen bevölkert. Das Ziel darf dann nur nicht bemerken, dass es träumt. Cobbs Ziel ist es, sich die Rückkehr zu seinen Kindern erkaufen zu können, und deshalb nimmt er auch einen Auftrag der ganz bsonderen und vor allem gefährlichen Art an…

Inception – Facts

Genre: Action, Mystery, Sci-Fi, Thriller

Regie und Buch: Christopher Nolan

Darsteller: Leonardo DiCaprio, Ellen Page, Joseph Gordon-Levitt,  Michael Caine

FSK: 12 (Deutschland)

Länge: 148 Min

Das Inception-Browsergame: http://www.mind-crime.com/

Da der Film zu kontroversen Diskusionen anregt, haben wir uns entschlossen, 3 kurze Rezensionen verschiedener Autoren zu bringen anstatt eine lange:

1. Träumst du noch oder lebst du schon?

von Martin Kosok

Ob man will oder nicht, man erwartet sich viel von dem neuen Nolan Film. Wenn man Filme wie Batman Begins und The Dark Night macht, dann hat man schneller einen guten Ruf, als einem das vielleicht lieb ist. Wenn dann auch noch ein Trailer wie bei Inception Lust auf den nächsten Film machen soll, dann gibt es kein Halten mehr. Wird es für viele vielleicht wieder der beste Film des Jahres?

Ein Drehbuch wie Inception zu schreiben ist eine Kunst. Dramaturgisch hängt der Film nicht auch nur eine Minute lang unten durch und dabei geht er über zwei Stunden. Selbst bei The Dark Knight war das nicht ganz so brillant umgesetzt. Wie bisher immer war Nolan selbst Hauptverantwortlicher für das Buch. Schon seit 2001 gab es das 80seitige Treatment. Es entstand zur Zeit von Matrix oder The Thirteenths Floor, bei denen es auch um die Frage ging, was die Realität wirklich sei. Bei Nolan geht aber alles noch tiefer. Hauptbestandteil des Films sind die sogenannten luziden Träume. Ein Schlaf, bei dem man sich des Traums bewusst ist und so die Möglichkeit hat diesen zu steuern. Anfangs war Inception als Horror gedacht, wurde dann aber relativ bald zu einem Heist-Film, bei denen es immer um Raubzüge irgendwelcher Art geht. Wie komplex der „Raubzug“ ist und in wie vielen Schichten er überlagert, weist auf die Bearbeitungszeit des Drehbuchs hin. Fast zehn Jahre sind verstrichen. Nolan sagte 2001 zu Warner Bros., dass er erst noch mehr Erfahrung mit großen Produktionen sammeln muss, bevor er sich an diesen Stoff heranwagt. Bis dahin hatte er nur Following und Memento realisiert. Wir sollten ihm dankbar für seine Geduld sein, denn was Inception, so wie er jetzt geworden ist, handwerklich abverlangt haben muss, kann man sich kaum ausmalen.

Der Cast für den Film kann sich ebenfalls sehen lassen. Von DiCaprio über den eher aus Sitcoms bekannten Joseph Gordon-Levitt oder Newcomerin Ellen Page bis zu Nolan-Dauergast Michael Cane, ist ein gut gemischter Haufen zusammengekommen. Christopher Nolan hoffte schon seit Jahren, mal mit Leonardo DiCaprio zusammenarbeiten zu können. Mehrere Monate saßen beide am Script, teils um die Reise der Figur besser auszuarbeiten, teils, weil das Buch für DiCaprio gar nicht so leicht zu verstehen war. Michael Cane macht wie immer eine gute Figur, tritt aber auch nur als Vater der Hauptfigur in einer kleinen Nebenrolle auf. Joseph Gordon-Levitt wird es mit diesem Film endlich geschafft haben, die alten Friede-Freude-Eierkuchen-Zeiten hinter sich zu lassen und endlich als talentierter junger Schauspieler gelten zu dürfen. Sämtliche Schauspieler machen durchweg eine extrem gute Figur, was den Film und seine vielseitige Geschichte zu dem macht, was er jetzt ist.

Inception ist ein beeindruckender Film. Die Schauspieler, die Technik, die Action, die Effekte und vor allem das Drehbuch sind unglaublich toll. Gerade das großartige Drehbuch könnte aber für einige zu Komplex sein, um es auf anhieb komplett zu verstehen. Ob der Erfolg also so groß sein wird wie bei The Dark Night wird sich zeigen.

2. Wie gut ist die Wirklichkeit gegen den Traum?

von Florian Seufert

Wie ein Virus hat sie sich verbreitet, die Euphorie über Inception. Sie ist eingedrungen in unsere Köpfe, hat sich unaufhaltsam ausgebreitet und uns schließlich dieser einen Idee und Überzeugung unterworfen: Inception ist ein Meisterwerk. Ein Film, der über seiner Zeit steht, der die Gegenwart des Kinos formt und gleichzeitig auf seine Zukunft verweist.

Doch Inception ist letztendlich kein solches Meisterwerk und die unnatürlich eingepflanzte Idee muss zwangsläufig aber auch völlig natürlich der Ernüchterung weichen. Sicher, Inception verdient allein schon deshalb Anerkennung, weil er in der unendlichen Flut der größtenteils enttäuschenden Sequels und Comic- und Literaturverfilmungen ein rein genuines Werk ist, einer der wenig wirklich originellen Filmen aus Hollywood seit mindestens drei Jahren. Quasi Autorenkino in Blockbustergewand, das demonstriert, dass das Individuum doch noch eine Chance hat in dem dunklen Wald namens Hollywood, wo man sonst seine Eigenbestimmung und Visionen direkt an der ersten Lichtung abgeben muss. Das Beste an Inception ist dann auch die ursprüngliche Vision hinter der Bilderwelt.

Leider geht diese – ganz wie die Figuren des Films in den labyrinthischen Traumwelten – irgendwann in dem etwas unausgewogenen Gesamtkonstrukt verloren, und erreicht bis zum Ende keine wirklich befriedigende Intensität. Alles scheint etwas zu lange zu dauern: die Einführung in die Möglichkeiten der Traumwelt, die Zusammenstellung des Teams, die Ausarbeitung des Plans. Indem der Film sich also bemüht schon so viele Fragen wie möglich gleich zu Beginn zu erklären, schafft er es nicht eine wirklich andauernde Spannung zu erzeugen. Hinzu kommt, dass diese ganze Erklärerei – und hier merkt man dem Film seinen Blockbuster-Anspruch negativ an – in recht einfältigen Dialogen daher kommt und merklich dazu ausgelegt ist, selbst dem unaufmerksamsten Zuschauer alles logisch erscheinen zu lassen. Das raubt dem Film diese Prise Unberechenbarkeit, die den Film wohl spannender, kompakter, intensiver, tiefer und somit zu einem wirklichen Mindbender gemacht hätte. Überhaupt haftet dem Film eine leichte Schizophrenie an, wenn es um die Gesamtausrichtung geht: Mindbender/Thriller oder klassischer Heistmovie? Der Film versucht zwar die beiden durchaus kompatiblen Genre miteinander zu verschmelzen, doch in der Dramaturgie des Films sind sie dann doch eher strikt voneinander getrennt.

Auch in ästhetischer Hinsicht schafft es der Film zum Großteil nicht eine immersierende Wirkung zu erzeugen, die den Zuschauer in das Geschehen hineinzieht. Es gibt nur wenige Momente wo Bild und Ton so zusammen arbeiten, dass ein Gefühl der Unmittelbarkeit entsteht. Die Kameraarbeit ist qualitativ unausgewogen, viele Einstellungen bzw. Sequenzen könnten aus jedem beliebigen Action-Blockbuster entwendet worden sein (besonders auffällig hierbei: die James Bond artige Gletscherballerei). Der Score wirkt trotz des vielversprechenden und intensiven Themas (das viel zu wenig eingesetzt wird) ebenfalls beliebig und streckenweise gar lustlos.

Dennoch: Inception tut alles was er tut um Längen besser als seine aktuellen Blockbusterkonkurrenten. Er ist eine Errungenschaft des Einzelnen über die Masse mit Rücksicht auf eben diese. Das Problem ist nur, dass er in Sachen (immerhin suggerierter) Tiefe und Intensität nicht wirklich an die Höhepunkte von Nolans bisherigem Schaffen (für mich u. a. Memento und The Dark Knight) anknüpfen kann. Nolan wurde – und das ist ein weiteres Problem – als der Messias des kontemporären Kinos inszeniert und Inception als die Bestätigung dieser Prophezeiung. Die Wirklichkeit wird aber niemals an den Traum herankommen und wenn dieser schließlich bröckelt, dann verliert die Wirklichkeit an Kraft, auch wenn sie eigentlich ebenso erfüllend sein könnte.

3. Angekratzter Brain-Fuck

von Emil Spiewok

Inception ist ein Film, der über viele visuelle Sensationen verfügt, die die Raum- und Zeitachsen auf schwindelerregende Weise durcheinanderwirbeln. Doch leider hält er ansonsten nicht das, was er verspricht.

Nolan selbst sagte: „Alles, was man in einem Traum sieht oder hört, wurde von dem eigenen Geist erschaffen […] Dieses Potential unseres Geistes wollte ich einfangen.“ Doch dann muss man leider bemerken, dass man alle surrealen Sequenzen schon in den 1,5-Minuten-Trailern gesehen hat, während der Rest des Films eher an James Bond und deren Hommagen wie xXx erinnert.

Die Thematiken eines Sci-Fi-Filmes sind zwar vorhanden, werden aber nur angekratzt und entfalten sich nie zu einer richtigen Größe. Die Realitätsfrage wird mehr und mehr zu einem genialen, Nolan-typischen Verwirrspiel, das jedoch mehr mit Storyentwicklung denn mit Tiefe zu tun hat. Die gesellschaftlichen Aspekte, wie man sie aus Utopien und Dystopien kennt, werden zwar anfangs angesprochen, aber schlagartig vergessen, sobald die Träume ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken.

Wer einen Film sehen will, der in die Psyche eines Menschen eindringt, in dem das individuelle und kollektive Unterbewusstsein miteinander verschmelzen, ist mit Shutter Island (Martin Scorcese) eindeutig besser beraten. Wer philosophischen Brain-Fuck will wie bei Existenz (David Cronenberg) oder Avalon (Mamoru Oshii), deren Thematiken man in Inception gut wiedererkennen kann.

Wer allerdings eine Mischung all dessen will, die im Endeffekt vor allem auf Spannung, Action und Melodrama hinausläuft, der ist hier gut beraten.

Es gibt eine Schlafphase, die Rapid Eye Movoment (REM) genannt wird, in der die Augen Flackern und Herzschlag und Puls rasant steigen. Insofern befindet man sich in Inception gerade in der zweiten Hälfte fast ausschließlich im Tiefschlaf.

Fazit: sehr gutes Hollywoodkino, wie man es selten sieht, jedoch nicht wie versprochen innovativ und nicht wirklich „brain-fuck“.