Endlich mal kein Liebesfilm! Dieser Film von Jon Avnet nach dem Weltbestseller von Fannie Flagg ist sogar ein Anti-Liebesfilm, könnte man sagen – zumindest wenn es um Liebe zwischen Mann und Frau im romantisch-leichten Sinn geht. In diesem Film geht es um Freundschaft. Um Freundschaft unter Frauen, die alle Hindernisse und Schwierigkeiten meistert und die, im Falle der vier aus „Grüne Tomaten“, über allem steht – vor allem über jedem Mann.

Die frustrierte, übergewichtige Hausfrau Evelyn (Kathy Bates) lernt bei einem Besuch der Tante ihres Mannes im Altersheim zufällig die alte Ninny Threadgood (Jessica Tandy) kennen. Sie freundet sich mit der agilen, sehr redseligen Dame an. Bald ist diese alte Frau ihr einziger Lebensinhalt, denn ihr Mann Ed interessiert sich nur für Baseballübertragungen im Fernsehen und höchstens noch für ihre Kochkünste.  Ninny beginnt ihr die Geschichte von Idgie (Mary Stuart-Masterson) und Ruth (Mary-Louise Parker) zu erzählen. Die beiden sind verbunden durch den frühen Tod von Idgies heißgeliebtem, großen Bruder Buddy, der Ruth nachstellte. Doch das ist das einzige was sie zunächst gemeinsam haben. Sie sind nicht nur durch zirka zehn Jahre Altersunterschied getrennt, sondern sind auch ganz unterschiedliche Typen. Idgie benimmt sich wie ein Junge, sie lebt eher im Wald als zu Hause und sie liebt das Risiko. Ruth dagegen ist das typische Vorbild. Sie ist hübsch, pflichtbewusst und geht regelmäßig in die Kirche.

Ruth wird viele Jahre nach Buddys Tod – beide Mädchen sind erwachsene Frauen – von Idgies Mutter dazu berufen, Idgie auf den richtigen Weg zu bringen. Doch da sich diese in ihrem Wesen kaum verändert hat, ist das zunächst schwierig. Doch allmählich freunden sich die immer noch sehr unterschiedlichen Frauen an. Sie verbringen einen Sommer zusammen, doch dann soll Ruth den für sie bestimmten Mann heiraten und so trennen sich ihre Wege.

Nach Jahren ohne Kontakt, beschließt Idgie Ruth einmal in ihrem neuen Haus zu besuchen, wobei sie herausfindet, dass Ruth von ihrem Mann Frank Bennett geschlagen wird. Sie beschließt die schwangere Ruth von dort wegzuholen und droht Frank umzubringen, wenn er Ruth noch einmal anfassen sollte. Daraufhin eröffnen die beiden in Idgies Heimatort das „Whistle Stop Café“, dessen Spezialität die titelgebenden gebratenen grünen Tomaten sind. Das Cafe wird der Mittelpunkt des Ortes. Jeder – egal ob schwarz oder weiß wird hier freundlich aufgenommen. Entweder um zu arbeiten, wie die Farbigen Big George und Sipsy, die Idgie aufgezogen haben oder um, wie der Landstreicher Smoky, eine warme Mahlzeit abzustauben. Doch diese Gastfreundlichkeit gefällt nicht jedem. Eines Nachts kommen deswegen die Anhänger des Ku-Klux-Klans, dem auch Ruths Mann Frank angehört, in die Stadt und versuchen das Cafe anzuzünden. Dabei sieht Frank seinen inzwischen geborenen Sohn und schwört wieder zu kommen, um Ruth und das Baby mitzunehmen. Doch der Plan wird durch einen dumpfen Schlag mit einer Bratpfanne auf seinen Hinterkopf durchkreuzt…

Grüne Tomaten erzählt zwei Geschichten von unterschiedlichen Zeiten und Menschen, die auf wunderbare Weise durch die Macht der Erzählung zusammen gehalten werden.

Zunächst befinden wir uns in den 70er Jahren in den USA im Leben der verzweifelten und einsamen Hausfrau Evelyn. Kathy Bates verkörpert brillant überspitzt diese eigentlich lebensfrohe Frau, die sich in ihrem routinierten Eheleben eingesperrt fühlt und verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit sucht. In dieser Figur vereinen sich Tragik und Komik auf eine angenehm aufdringliche Art.

Evelyn: „Ed, wenn ich dir nur in Zellophan gehüllt die Tür aufgemacht hätte, würdest du dir dann immer noch das Baseballspiel ansehen?“

Ed: „Nein, Schätzchen! Ich würde dich vermutlich in die Klapsmühle einweisen lassen.“

Dieser Dialog findet nur in ihrer Vorstellung statt. Im richtigen Leben findet sie einen anderen Ausweg: Ninny und die Geschichte, die sie erzählt. Beide regen sie zum Ausbruch aus ihrer kleinen Welt an. Das wird vor allem wunderbar durch die Kostüm und Maske dargestellt. Nach Jahren in grün-rosa geblümten Rüschenpullis und grellem Make-up (passend zu den 70ern), findet Evelyn am Ende ihren eigenen, eleganten Stil. Dank Idgie und Ruth.

Deren Geschichte spielt in den 1930er Jahren in den Südstaaten. Auch hier zeichnet der Film das Bild der Zeit eindrucksvoll durch die Kostüme, aber besonders durch die zeitgenössische Musik von Thomas Newman – Blues, Gospel, Swing.

Obwohl Idgies Geschichte mit dem traurigen Tod ihres Bruders Buddy beginnt, der sie sein ganzes Leben lang begleiten wird, schafft es der Film trotzdem eine optimistische Stimmung zu verbreiten. Denn ihr Bruder ist immer bei ihr und zwar durch die kleinen Geschichtchen, die er ihr immer erzählt hat und die Idgie im Verlauf des Films anderen Leuten erzählt, um sie aufzuheitern. Damit zeigt der Film, dass man mit geliebten Menschen und ein bisschen Humor, auch die schlimmsten Schicksalsschläge überstehen kann. Durch diese Mischung aus „Tränendrüse“ und „Lachfalten“ rutscht der Film nie ganz in die Sentimentalität ab, sondern hinterlässt ein glückliches Gefühl beim Zuschauer.

Grüne Tomaten verdeutlicht wie sehr Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft doch miteinander zusammenhängen. Themen wie Rassismus, Emanzipation, Krankheit, Gewalt waren damals aktuell und sind es heute noch.  Doch das wissen wir nur, weil wir es erzählt bekommen. Solche Erzählungen halten die Generationen zusammen – von Oma zu Enkel und von dem weiter zu den eigenen Kindern.