Vielleicht hat der ein oder andere von euch meinen Artikel über Facebook gelesen. So sinngemäß stand da drinnen, Facebook mache mir Angst und ich wolle es nicht unterstützen.
Kaum sind ein paar Wochen vergangen, bin ich aktiver Facebook-Nutzer. Sehr aktiv.
Ein Erfahrungsbericht.

Um mich zumindest ein klein wenig zu rechtfertigen, möchte ich anmerken, dass mich mein Bruder bei Facebook angemeldet hat. Aber kaum hatte ich dann mal einen Account, wurde ich auf den ersten Fotos markiert und bekam die ersten Posts und Freundschaftsanfragen (die erste bereits nach wenigen Minuten, was ich nach wie vor sehr beunruhigend finde).

Ich habe zwar sämtliche Fotomarkierungen gelöscht, bin aber seit ein paar Tagen in einem Video markiert. Sentimentale Erinnerungen und nostalgische Gefühle haben es mich akzeptieren lassen, dass ich tatsächlich wenige Sekunden lang mit einer grauenvollen Frisur am Lagerfeuer sitze und äußerst doof in die Kamera lache. Ja, so schnell lässt man all seine Vorsätze und Bedenken fallen.

Die Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben, ist doch sehr verlockend. Und man ist immer über so ziemlich alles informiert. Wer gerade so von den Theater-und-Medien-Leuten in Bayreuth ist, wann man sich für welche Seminare anmelden muss, wer ins Glashaus geht. Alles wichtige Informationen. Wenn ich an den Computer gehe, logge ich mich zuerst in Facebook ein (ja ich gebe es zu, während ich das hier schreibe, bin ich in Facebook). Könnt ja was passiert sein. Ist es dann meistens nicht. Manchmal eine Nachricht, manchmal Freunde im Chat online.

Da hab ich angefangen mir darüber Gedanken zu machen, wie das wohl ist, wenn man zwar Facebook-Nutzer ist, aber trotzdem keine sozialen Kontakte dort hat. Immer in der Hoffnung online zu gehen, eine kleine rote Zahl bei den Sprechblasen oder den Freundesanfragen zu sehen und immer enttäuscht zu werden. Google gibt da auch sofort eine Antwort: „Ärzte warnen vor Facebook-Depression“ (Focus, 01.04.2011). Der Konkurrenzkampf um die meisten Freunde, die witzigsten Posts, die coolsten Fotos kann ein Faktor sein, um Jugendlichen ihr Selbstvertrauen zu rauben. Da bin ich sehr froh, dass ich nicht so weit bin (ich hab eine neue Nachricht bekommen *freu*). Und ich finde es immer noch gruselig, dass manche Menschen einfach alles posten, alles. Was sie machen, wie es ihnen geht und was sie gerade essen.

Privatsphäre wird von vielen Nutzern genauso klein geschrieben wie von Facebook selber. Aber Facebook hat auch schon sehr nette Funktionen. Man kann zum Beispiel nie mehr einen Geburtstag vergessen, weil Facebook einen daran erinnert. Ein Freund von mir hat 75 Geburtstagsgrüße auf seine Pinnwand geschrieben bekommen. (Ich hab noch eine neue Nachricht!) Ich frage mich da, wie viele auch ohne Facebook an den Geburtstag eben jenes Freundes gedacht hätten. Und wie viel bedeutet dann überhaupt noch so ein Glückwunsch? Entwertet Facebook unser Leben? Kann der Gefällt-mit-Daumen noch sagen, dass mir etwas wirklich gefällt? Wurde er dafür nicht schon zu oft zu gedankenlos verwendet? Auch von mir. Leider.

PS: Und ich hab schon wieder eine neue Nachricht!