Die Folge im Ganzen

Nadja Hardhome steht einer 9. Folge in nichts nach. Demnach gab es schon vor der eigentlichen Schreckensfolge einen blutigen Vorgeschmack. Endlich geht mal so richtig was ab in Westeros. Nachdem die vorherigen Folgen doch mit sehr vielen Dialogen, einer Vergewaltigung, ein paar Schwertkreuzereien in Dorne und ein paar Verhaftungen aufwarteten, tat so ein zehnminütiges Schlachtgetümmel mit Zombies und Weißen Wanderern mal richtig gut. Und es handelt sich dabei nicht einmal um unnützes Schlachtgetümmel, sondern um einen Vorgeschmack auf den absoluten Endkampf. Nachdem die Weißen Wanderer nach Staffel 4, Folge 4 etwas in Vergessenheit geraten sind, werden sie einem in Hardhome mit einem Paukenschlag wieder in Erinnerung gerufen. Game of Thrones at its very best.

Jannik Die extrem actionlastige Episode in der 4. Staffel, in der man sich ganz auf den Kampf zwischen der Nachtwache und den Wildlingen konzentrierte, konnte mich damals nicht wirklich überzeugen. Hardhome lässt den anderen Handlungen aber trotz des langen Kampfes gegen die Weißen Wanderer genug Raum, deutet, wie Nadja schon gesagt hat, den finalen Endkampf an und war für mich die bisher beste Folge der Staffel. Böse Zungen behaupten, Game of Thrones hätte sich über Nacht in ein zweites Walking Dead verwandelt, doch ich finde, dass mit den Weißen Wanderern und Daenerys das Leben und besonders das Sterben in Westeros noch interessanter werden wird. Das Game of Thrones könnte dann durch The Song of Ice and Fire abgelöst werden, wenn diese zwei Mächte schließlich aufeinandertreffen. Hardhome ist diesem Finale einige Schritte näher gekommen.

Nadja Ein Finale, das es in sich haben wird, es sei denn GRRM lässt alles doch noch anders kommen. Jannik hat absolut Recht, wenn er findet, dass Hardhome die Schlacht an der Mauer in der neunten Folge der letzten Staffel übertrifft. The Watchers on the Wall war eine Folge, die wir damals sehr kritisiert haben (ihr erinnert euch vielleicht). Hardhome hat im Gegensatz dazu alles richtig gemacht.

Daenarys, Tyrion und der arme Ser Jorah…

Jannik Ich hatte mich schon sehr auf die Fanreaktionen gefreut, wenn Tyrion den Drachen vorgeworfen wird. Das hätte eine riesige Protestwelle auf Facebook, Twitter und Instagram ausgelöst, die Kaugeräusche des Drachen wären zum erfolgreichsten Klingelton aller Zeiten geworden und Elton John hätte eine emotionale Ballade geschrieben. Aber nein, der Spaß wurde uns nicht gegönnt. Daenerys möchte stattdessen lieber Wein saufen und Räder kaputtmachen. In der letzten Staffel wollte sie noch regieren. Irgendjemand übt da einen verdammt schlechten Einfluss auf die Khaleesi aus.

Nadja Ich bin froh, dass Dany Tyrion nicht den Drachen vorgeworfen hat, obwohl ich den Klingelton sicherlich gemocht hätte. Aber es ist schon erstaunlich, dass nun plötzlich zwei Charaktere zusammen am Tisch sitzen und miteinander Wein trinken, die sich in den vorangegangenen vier Staffeln noch nie begegnet sind. Das ist nicht nur für die Schauspieler ein Spaß, endlich einmal miteinander spielen zu dürfen, sondern auch für alle Zuschauer. Etwas befremdlich ist das Bild ja schon noch. Ein Ser Jorah wäre, um dem Übergang zwischen den beiden zubilden, nicht schlecht gewesen, aber der arme Ser Jorah hat es eben mit seiner Khaleesi nicht leicht. Und das Steinmal wird größer und größer…

Cersei in misery

Jannik Ich habe die ganze Zeit gedacht, dass ich es richtig feiern würde, wenn Cersei mal eins ausgewischt bekommt. Die Macher der Serie haben diesen Wunsch nun sehr wörtlich genommen. Mir hat Cersei leidgetan und ich hoffe, dass Tommen seine Eier in Kürze dort findet, wo er sie beim eifrigen Liebesspiel mit Margaery vergessen hat.

Nadja Wir Frauen sind anscheinend weniger verzeihlich mit unserem eigenen Geschlecht: Ich finde, die Bitch hat es einfach nur verdient… Ihr Charakter hat so viel auf dem Kerbholz, dass es wohl noch etwas dauern wird, bis sie einem Leid tut. Bis dahin kann sie ruhig noch etwas Wasser vom Boden trinken. Viel wichtiger ist doch wohl die Frage, was das für komische Manns-Weiber sind, die sie bewachen. Schweigende Schwestern schauen anders aus bzw. schweigen diese ja. Schon als Cersei festgenommen wurde, war ich von diesen Weibern irritiert. Erst dachte ich, die komische Kopfumwandung sei eine Referenz auf Olenna Tyrell, um Cersei zu zeigen, wer sie angeschwärzt hat… aber das war wohl falsch gedacht???

Die beiden Stark Schwestern

Nadja Während Sansa immer noch in den zunehmend düster werdenden Gemäuern von Winterfell feststeckt, kommt Arya wenigstens mal aus dem ständigen Schwarz des House of Black and White heraus. Nun darf sie beweisen, dass sie auch als Austernverkäuferin eine gute Figur macht. Eine Szene, die in ihrer Bildhaftigkeit sehr schön gemacht wurde. Während Arya ihr nächstes Opfer aufspührt, scheinen sich Theon und Sansa durch die Tatsache, dass Theon ihre Brüder doch nicht ermordet hat, etwas näher zu kommen . Diese Beichte vor Sansa war ein wichtiger Schritt für Theon, um seine Abhängikeit zu Ramsay abzuschütteln und hoffentlich bald mittels einer Kerze etwas Licht in das dunkle Winterfell zu bringen. Und das hoffentlich bevor Ramsay mit seinen „twenty good men“ Stannis‘ Heer gehäutet hat…

Jannik Die entscheidende Frage der nächsten Folge wird es sein, wie lange ein Ramsay und zwanzig gute Männer brauchen, um einen ausgewachsenen Stannis zu häuten. Es tut mir Leid, aber wer in dieser Serie eigentlich konsequent eins auf die Eier bekommt, sind die Baratheons. Es sei denn natürlich, sie haben keine, wie Tommen, der seine Eier aus reinem Selbstschutz in das dunkelste Gemäuer von King’s Landing gelegt hat. Sansa hat währenddessen wieder einen Funken Hoffnung, weil den Starks zwar auch konsequent jemand in die Eier tritt, es aber einfach viele von ihnen gibt und einige tatsächlich noch nicht geköpft, vergewaltigt oder bei einer Hochzeit massakriert wurden. Arya verkauft währenddessen vergiftete Austern, um irgendwie über die Runden zu kommen. Sie hat damit noch das beste Schicksal aller Starks erwischt, denn immerhin scheint in Braavos die Sonne.

Nadja Jannik trifft es wohl auf den Punkt: Baratheon und Stark, die beiden Parteien, die am Anfang noch zusammen in Winterfells Gruft standen und Machtpläne schmiedeten, haben es mittlerweile wirklich nicht mehr leicht. Aber vielleicht kommt ja bald Arya aus ihrem Urlaubsparadies nach Westeros zurück und häutet zur Abwechslung mal Ramsay und seinen Vater. Und schon würde sich das Rad wieder drehen, wie Daenerys zu sagen pflegt.

Showdown: Jon, die Wildlinge und Hardhome

Nadja Die 15 intensivsten Minuten der ganzen Serie. Das waren alle 9. Folgen der vorangegangenen Staffeln in 15 Minuten. Vielleicht auch nur, weil ich während der ganzen Szene wegen eines falschen Spoilers (Danke, Jannik!) dachte, dass Jon sterben würde. Aber selbst als ich die Folge noch einmal anschaute, lies die Kraft dieser Szene nicht nach. In diesen 15 Minuten steckt so viel drin, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, zu rezensieren. Bleiben wir erst einmal bei dem Entscheidensten. In dieser Szene wurde der Jahrhunderte wehrende Streit zwischen Wildlingen und der Night’s Watch mit einem Mal in eine ganz andere Richtung gelenkt: Zuerst haben wir das Problem, dass Jon die Wildlinge überreden muss und sie ihm nicht trauen. Nun willigen einige Wildlinge ein, mit der Night’s Watch zu gehen, um ihre Leben zu retten. Eine geordnete Evakuierung beginnt bis der Angriff kommt. Dann stürzt sich Jon mit seinen Leuten uneigennützig in das Kampfgetümmel, um die fliehenden Wildlinge zu schützen und reist somit mit einem Mal alle Grenzen zwischen den Parteien ein. Wildlinge schließen sich ihm an. Unter ihnen der Thenn, der vorher noch gegen ihn war. Und es kommt noch subtiler: Wenn man genau in das Getümmel sieht, dann meint man ehemalige Night’s Watch-Zombies zu erkennen, die Wildlinge niedermetzeln und anders herum. Das lässt natürlich Wildlinge und Night’s Watch noch mehr zusammenrücken: Bei den Weißen Wanderern ist jeder gleich. Absolut beeindruckend. Und man kann annehmen: Jon Snow weiß jetzt endlich mal was, zumindest was den valyrischen Stahl angeht.

Inszenatorisch haben die Macher in der Szene ins Schwarze getroffen. Jeder ahnt, was das für ein Angriff ist, aber kann es noch nicht sehen, bis die Wildlinge, die es nicht mehr durch das Tor geschafft haben, plötzlich ruhig sind. Dann der Angriff. Panik kommt auf. Die Wildlinge stürzen sich ins Wasser. Eine eindrucksvolle Sequenz durch und durch. Und das hält bis zum Ende, wenn sich die Totenarmee erhebt, an.

Einen kleinen Kritikpunkt gibt es dennoch von meiner Seite. Mir herrschte in der Szene etwas zu viel CGI was die Wiedergänger und die Weißen Wanderer betrifft. Im Gegensatz zu der ersten Szene der ersten Staffel oder zu der letzten Szene der zweiten Staffel sehen die Weißen Wanderer und die Untoten wie schon in Staffel vier etwas zu computerannimiert aus. Wo die Untoten damals noch schleichende authentische Leichen waren, so sind sie heute hyperaktive Skelletgollums. Aber mir ist natürlich bewusst, dass man mit schleichenden Leichen keinen so dynamischen Kampf führen kann. Dennoch: Computertechnik wird in ein paar Jahren schon wieder billig wirken, während Masken mit den Jahren reifen wie guter Wein. Etwas weniger von dem einen und mehr von dem anderen wäre schön gewesen, zumindest bei den Weißen Wanderern.

Jannik Die Szene hat Nadja ja schon sehr gut zusammengefasst. Beeindruckend fand ich insbesondere den Moment nach dem Kampf, als sich alle Gefallen als Untote wieder erhoben. Ein stiller, packender Augenblick. Es bleibt wirklich zu hoffen, dass die Szene auch in ein paar Jahren noch genau so spektakulär und nicht lächerlich wirkt, da CGI verdammt schlecht altert. Wir gewöhnen uns unterbewusst an immer neue Standards und erkennen alte Lieblingsszenen nach einiger Zeit gar nicht mehr wieder. Abgesehen davon war der Kampf beeindruckend und ein würdiger Abschluss einer herausragenden Folge.