Unzählige Male wurde sie bereits Ausgerufen. Die Revolution der MMORPG’s. „Next Generation“, „User Driven“ und „Free to Play“ sind drei Begriffe, die dabei besonders oft in den Mund genommen wurden. Jetzt scheint Sony Online es wieder einmal zu versuchen. Der Titel Everquest Next wird spätestens seit der E3 2013 in großem Maße gehyped. Dennoch gibt es bei den Fans des Genres Skepsis. Denn viele Entwickler scheiterten daran ihr Versprechen vom „Next Generation MMORPG“ einzuhalten. Um den Kunden zu zeigen, dass sie es mit „User Driven“ wirklich ernst meinen, entwickelt Sony Online neben Everquest Next ein zweites Spiel. Everquest Next Landmark soll eine Demo in Form eines Sandkastens werden, in dem sich die User austoben können. Und während zu Everquest Next noch nicht viel bekannt geworden ist, hatte ich die Gelegenheit Landmark einmal anzuspielen.

Landmark – Minecraft mit Graphik

31.01.2014 Ich browse nichtsahnend, mich vom Lernen drücken wollend auf Reddit. Ich nehme einen Schluck Wasser, nur um diesen zwei Sekunden später beinahe wieder auf meinen Bildschirm zu verteilen. Everquest Next Landmark geht in die Closed Alpha!! Oh – mein – Gott. Auf dieses Spiel warte ich schon spätestens seit der GamesCom 2013 und jetzt geht es aus heiterem Himmel in die Alpha. Mit Buy-In. Die Ernüchterung: Der Spaß kostet 60$. Ich spiele sogar noch mit dem Gedanken, mir am Tag darauf, meinem Geburtstag, ein Geschenk zu machen. Aber nein, „Serverprobleme in Landmark“ ist die Meldung des Tages, die mich davon überzeugt, mit dem Kauf noch etwas zu warten.

Lang lang ist es her, dass ich diese Zeilen verfasste. Mittlerweile hatte ich endlich die Gelegenheit, Landmark einmal anzuspielen (für nur 19,99$). Mein Fazit: „Mjoaaaa… hat Potential.“ Aber ich fang mal von vorne an. Was zeichnet Everquest Next Landmark aus und was ist noch wünschenswert?

Achtung! Early Access

Der größte Makel, den ich am Spiel feststellen konnte, ist einer, den ich ihm auch direkt wieder verzeihen muss. Der Mangel an Features. Ähnlich wie Minecraft 2009 beschränkt sich Landmark lediglich auf Ressourcen sammeln, bessere Werkzeuge schmieden und Burgen bauen. Gegner sollen bald eingefügt werden, sind aber noch nicht vorhanden. Aber Beta ist Beta. Das ist also nicht etwas, was man dem Spiel zum Vorwurf machen kann. Genauso die Tatsache, dass man vom Multiplayer noch nicht viel merkt. Natürlich werden mit dem Wirksam-Werden des Free-To-Play Modells die Server voller, aber genau das ist eine Sache, die mir Sorgen macht.
Wie wird die Welt bei sehr hoher Population aussehen? Zu der Zeit, als ich noch Minecraft spielte, musste ich die Erfahrung machen, wie schnell Welten vollgebaut werden und wie eine geringe Anzahl aktiver User sehr schnell ganze Landstriche ihrer Ressourcen berauben können. In Everquest sind die Welten nicht ansatzweise so groß wie in Minecraft, ob die Größe dennoch reicht, muss die Zeit zeigen. Ein entlastender Faktor ist die Instanziierung der Server. Indem eine Welt aus mehreren Instanzen besteht, kann eine Instanz entlastet werden, indem man eine neue hinzufügt. Als Spieler kann man selbstverständlich frei zwischen den Instanzen hin und her wechseln.

Dennoch ist gerade diese Problem eines, das man immer im Hinterkopf behalten muss. Aber genug Schwarzmalerei. Was ist an Everquest Next Landmark denn so vielversprechend?

Da kann noch was draus werden

1. Die Technologie. Es ist wirklich erstaunlich, was die Programmierer von Sony Online zustande gebracht haben. Man kann an jeder ungeschützten Stelle in der Welt seine Spitzhacke nehmen und sich ins Erdreich graben. Wie in Minecraft, bloß nicht auf Blöcke beschränkt. Auch beim Bauen ist man nicht nur auf Blöcke angewiesen, es gibt neben einigen Basisformen (Würfel, Kugel, Rampe ect…) auch Tools, die einem das Bauen erleichtern.
2. Das Geschäftsmodell. Bei MMORPG’s ist Free-To-Play mittlerweile fast Pflicht. Vor allem monatliche Abonnements sind nicht profitabel. Sony Online ist nicht für besonders innovative Geschäftsideen bekannt, daher ist es schön zu sehen, dass die Firma jetzt umschwenkt, um dem Geist der Zeit gerecht zu werden.
3. Das Konzept. In einem charmanten Intro-Video, nach erstmaligem Starten des Spiels, sagt David Georgeson: „It’s not about the race to the endgame.“ Und das ist das, was den frischen Wind ins Land der MMORPGs bringen soll. Ein Ansatz, der durchaus sinnvoll ist. Denn Spiele wie Tera Online, Guildwars 2 und Rift versuchten lediglich das vorhandene Grinden – also die repetitive Reise ins Endgame – angenehmer zu gestalten. Everquest Next (und Landmark) haben einen fundamental anderen Ansatz. Es geht nicht um das Ziel, sondern um die Reise dahin. Landmark geht sogar so weit, kein spieleigenes Ziel zu präsentieren. Es benutzt dabei das Sandkasten Prinzip, welches schon Minecraft, DayZ und Eve Online so erfolgreich gemacht hat.

Aber wie gesagt: Landmark beschränkt sich momentan lediglich auf das Ressourcensammeln und Gebäudebauen, wobei das schon erstaunlich gut funktioniert. Einem alten Minecraft-Hasen wie mir macht das Spaß, aber man sollte sich bewusst sein, dass man hier für ein unfertiges Produkt bezahlt. Zur fertigen Version bekommt man kostenlos Zugang.

Everquest Next – Das Licht der Hoffnung?

Im Gegensatz zu  Landmark gibt Everquest Next alles vor, was eine fertige RPG-Welt ausmacht. Städte, Kreaturen, NPC’s und Quests sind bereits vorhanden. Das neue Feature ist die hohe Dynamik der Welt. Sprich jede Entscheidung, die ein Spieler trifft, hat permanenten Einfluss auf die Welt. So können die Spawngebiete von Monstern verschoben werden und diese zu aggressivem Verhalten provoziert werden. Die zerstörbare Umgebung aus Landmark wird übernommen und ein freies Klassensystem eingeführt (sprich, man hat immer Zugriff auf alle Talente). Aber wie genau sich diese Features auswirken werden, bleibt fraglich. Es kann sein, dass ein komplett anderes Genre bedient wird. Nämlich die MMO Sandbox. In dieser würde man sich als traditioneller RPG-Spieler verloren vorkommen. Es fehlen jegliche Orientierungspunkte, wodurch man ohne anfänglichen Lernaufwand kaum Immersion hat. Es kann genauso passieren, dass Everquest Next im Endeffekt doch nur ein weiterer WoW-Klon wird, weil das Grundgerüst dasselbe ist.

Die Game Designer von Sony Online Entertainment müssten also die goldene Mitte zwischen traditionellem MMORPG und spielergetriebenem Sandkasten finden. Das Konzept reicht mir, um noch einmal an die Revolution des Genres zu glauben, aber ob das Kunststück gelingt, kann nur die Zeit zeigen.