Das erste Mal fanden dieses Jahr in Frankfurt die German Dev Days statt. Am 23. und 24. Mai lud die deutsche Spieleindustrie in das meinhaus Stadthotel ein, um dort zu networken und sich gegenseitig auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen.

Man fand Vorträge zur Entwicklung, Forschung und Vermarktung von (Video)-Spielen, wobei es für jeden Bereich ein reges Interesse gab. Als einfacher Besucher muss ich sagen, dass die Veranstaltung auf mich nicht wie eine Premiere wirkte. Der Ablauf war dermaßen reibungslos, dass ich richtig überrascht war, als man mir am Dienstag Abend sagte, dass dies die ersten German Dev Days seien. Auch das Konzept das Ganze als Hybrid aus Tagung und Ausstellung zu organisieren ging super auf. So hatte man immer etwas zu tun, selbst wenn gerade kein Vortrag lief, den man ansehen wollte. Einzig die Tatsache, dass die Räumlichkeiten z.T. überfüllt waren hätten ein Hinweis auf die Neuheit der Veranstaltung sein können. Aber das ist kein Fehler der Veranstalter, sondern ein Zeichen für den großen Erfolg dieser Premiere.

Da es über die Veranstaltung an sich meiner Meinung nach nicht viel mehr zu sagen gibt als „super Teil und ein großes Lob an die Veranstalter“, möchte ich hier noch drei meiner persönlichen Highlights vorstellen.

The Climb

Aus dem Hause Crytek gab es ein Spiel für die Oculus Rift zu sehen. Endlich konnte ich das VR-Headset mal wirklich ausprobieren und musste mich nicht mit einer Tech-Demo zufrieden geben. Und ich muss sagen: Es funktioniert!

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Die Oculus Rift war – wie so oft – ein Highlight

In The Climb spielt man – wie der Name des Spiels schon vermuten lässt – einen Kletterer, der sich waghalsig an Felswänden entlanghangelt. Durch betätigen der linken bzw. rechten Trigger-Taste des Gamepads, hält man sich mit seiner linken bzw. rechten Hand in den Kerben der Felswand fest. Indem man seinen Kopf mit dem VR-Headset bewegt, sucht der Avatar an der Stelle nach Halt, an die man hinsieht, aber selbstverständlich nur, wenn man bereit ist mit einer Hand loszulassen. Dies ist – v.a. wegen des Betätigens der Trigger-Tasten zum greifen (was einer realen Greifbewegung sehr nahe kommt) und natürlich der durch die Oculus ermöglichten 360° Umsicht – oftmals gar nicht so leicht. Vielmehr als auf einem herkömmlichen Monitor hat man hier das Gefühl mit jedem Griff ein Wagnis einzugehen.

Dieses Gameplay wird mit (für Oculus Verhältnisse) toller Grafik und überzeugendem Leveldesign gepaart, sodass ein Erlebnis entsteht, das den technischen Aufwand mehr als rechtfertigt. Ich empfehle jedem VR-Skeptiker (zu denen ich selbst auch gehöre) bei Gelegenheit The Climb eine Chance zu geben. Denn das Spiel zeigt, dass VR auch im Bereich der Videospiele einen Platz hat und mehr als nur technische Spielerei ist.

Wolfgang Walk – Der ethische Avatar

Von einem Ausstellungsstück zu einem Vortrag. Wolfgang Walk sprach über sein Modell des ethischen Avatars in Videospielen. Anknüpfend an Wissenschaftler wie Ian Bogost beschäftigt sich Walk hierbei mit der Frage, wie das Spiel als Medium mehr tun kann, als nur zu unterhalten.

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Die „Zukunftswerkstatt“ war einer von drei Räumen in denen die Vorträge stattfanden

Walks Kernaussage ist dabei, dass die ludischen und narrativen Ebenen eines Spiels miteinander in Wechselwirkung stehen müssen, da dies der zentrale Aspekt ist, durch den Spiele – wie kein anderes Medium – Bedeutung erzeugen können. Dies ist der Fall, da der Spieler eben nicht nur konsumiert, sondern handelt, aber erst die Konsequenzen seines Handelns beim Spieler ein Reflexionsmoment auslösen. Dabei genügt die Abstinenz von ludo-narrativer Dissonanz nicht. Es ist vielmehr eine bewusst gesetzte ludo-narrative Harmonie nötig, um eine Aussage mit der gesamten Wirkmächtigkeit des Mediums zu vermitteln.

Als anschauliches Beispiel wählte Walk hierfür den archetypischen Quest-Geber im RPG. Im Regelfall kann man hierbei eine Quest annehmen und diese jeder Zeit abgeben. Möchte man als Gamedesigner allerdings einen ethischen Avatar benutzen, wäre es in diesem Fall empfehlenswert, den Quest-Geber nicht einfach warten zu lassen, sondern den NPC so zu programmieren, dass er nach und nach ungeduldig wird und nach einiger Zeit den Auftrag abbricht. Dann erzählt der Quest-Geber all seinen Freunden vom Versagen des Spieler-Avatars (und damit des Spielers) und dieser hat es von nun an deutlich schwerer an Arbeit zu kommen.

Der ethische Avatar ist ein Modell, das Spiele auffordert mehr als nur Unterhaltungsgut zu sein und ist deswegen (und auch wegen des finanziellen Aufwandes einer Implementierung des ethischen Avatars) wirtschaftlich nicht unbedingt attraktiv. Dennoch zeigt Walks Modell, dass Spiele auf ihre ganz eigene Art Bedeutung transportieren können und hoffentlich wird dies in der Zukunft in noch mehr erfolgreichen Titeln zu finden sein.

Ein Wiedersehen – Nova Nukers

Ein erfreuliches Wiedersehen hatte ich mit den Jungs von Space Orange Studios. Mir war deren Spiel Nova Nukers bereits auf der Gamescom ins Auge gefallen und so war ich sehr gespannt darauf, welche Fortschritte das Team mittlerweile gemacht hat.

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Ein Wiedersehen mit Space Orange Studios!

Kurzum: Das Spiel wirkt um einiges reifer. Während ich nach der Gamescom von viel Potential sprach, wirkte das Spiel damals noch eher wie ein Studentenprojekt (ein sehr gutes Studentenprojekt, versteht mich nicht falsch, aber eben ein Studentenprojekt). Mittlerweile ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. Die Modelle sind hübscher, das Feedback ist besser und die Entwickler stellen einen Online-Modus in Aussicht. Daumen hoch!

Space Orange Studios stehen hiermit für das Gefühl, das mich die gesamte Tagung über begleitete. Es geht was voran in der deutschen Spiele-Industrie. Man vernetzt sich, gründet Indies, hilft sich gegenseitig und möchte diese Industrie nach vorne bringen. Klar, es läuft nicht immer alles perfekt und sicher gibt es noch viel zu verbessern, aber ich gehe mit einem optimistischen Gefühl aus den ersten German Dev Days und hoffe, dass dieser Optimismus schon bald zu harten Fakten wird. Vielleicht schon auf den German Dev Days 2017.